Scheich mit Charme

March 02, 2018

Gestern waren wir gegen 19:00 Uhr in Valetta ausgelaufen und heute Morgen war auf einmal Heiligabend. Was das miteinander zu tun hat? Eigentlich nichts, aber irgendwie muss so ein Blogeintrag zu Anfang eines Textes doch die Kurve kriegen, oder? 
Vor der Reise hatten wir uns gefragt, wie wir das wohl erleben würden; Weihnachten auf See. Heute fing es schon mal gut an. Von 11:00 Uhr bis 12:00 Uhr avisierte das Tagesprogramm „Maritimer Frühschoppen zu Weihnachten“ auf dem Deck der Kopernikusbar. Das dargebotene kulinarische Angebot kannten wir schon von der Tour rund um GB, deshalb gingen wir gerne hin.

Neben den Austern gab es verschiedene Fischspezialitäten und wir bestellten uns dazu den durchaus guten Champagner, den das Schiff anbot. Die ausgeschriebene Alternative wäre Glühwein gewesen. Wer kommt auf so eine Kombinationsidee? Astrid hatte heute mehrfach Gelegenheit die verschiedenen Sportkurse auszuprobieren, es gab Bodyforming um 10:00 Uhr und Stepaerobic um 16:00 Uhr. Ich sah mir den Fitnessbereich an und machte mich mit Crosstrainer und Fahrrad bekannt. Die Kurse und die Muckibude sollten uns während der ganzen Reise an allen Tagen erfreuen, an denen wir nicht auf Ausflügen unterwegs waren. Und damit wir während der Reise nicht zu viel abnehmen, hatte uns da Schiff eine freundliche Gabe auf die Kabine gestellt.

Den ersten Weihnachtstag verbrachten wir mit angestrengtem Herumlungern, intensivem auf das Meer blicken und mehrfachen austesten der angebotenen kulinarischen Köstlichkeiten. Außerdem bereiteten wir uns mental auf den Abend vor. Es war schon wieder Gala Abend; also bedeutete es wieder, uns feierlich aufzurüschen. Bilder gibt es keine, weil wir viel zu sehr mit Essen und trinken beschäftigt waren, deshalb stelle ich stattdessen die Speisekarte für das Abendessen am 1. Weihnachtstag vor.

Am nächsten Tag sollten wir in Alexandria Ägypten erreichen. Geplant war aber nur ein kurzer Stopp, um diejenigen in die Busse zu bringen, die den sehr langen Ausflug zu den Pyramiden gebucht hatten. Wir hatten uns gegen die 14-Stunden Tour entschieden, weil wir bereits 1993 in Ägypten waren und ausreichend um die Pyramiden herum und tief in sie hinein gelaufen waren. Wir konnten also ausschlafen. Als wir dann am Morgen des 2. Weihnachtstages auf den Balkon gingen begrüßte uns auf unserer Seite des Schiffes der Industriehafen von Alexandria.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Alexandria ist nach Alexander dem Großen benannt und mit über 4 Millionen Einwohnern und einer Ausdehnung von 32 Kilometern entlang der Mittelmeerküste die zweitgrößte Stadt Ägyptens nach Kairo und die insgesamt größte ägyptische Stadt mit direktem Zugang zum Mittelmeer. Sie besitzt den größten Seehafen des Landes, an dem etwa 80 % des ägyptischen Außenhandels abgewickelt werden. Vom Sonnendeck aus konnte ich einen Blick auf die andere Seite der Stadt werfen, bevor die Artania kurz darauf bereits wieder ablegte.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Am späten Abend kamen wir in Port Said an, wo das Schiff die Pyramiden-Ausflügler wieder aufnahmen und sich zur Einfahrt in den Suezkanal in die Warteschlange einreihte. Was ich bis dahin nicht wusste: der Suezkanal ist die längste Strecke ein Einbahnkanal und somit müssen alle Schiffe fein aufgereiht warten, bis die entgegenkommende Schiffe durchgekommen und sie selbst an der Reihe sind. Ähnlich wie bei einer Baustellenampel. Wir bekamen aber von Allem nichts mit, weil wir im touristischen Schlafmodus waren. Als ich dann aber am Morgen um viertel vor sieben auf den Balkon trat, waren wir schon in sachter Fahrt im Suezkanal angekommen und es sah so aus.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Wir beeilten uns mit dem morgendlichen Reinigungsritual, denn wir wollten aufs Deck um die Rundumsicht zu genießen. Wir kamen gerade rechtzeitig um die Durchfahrt unter der Suezkanal-Brücke zu erleben.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Die Suezkanal-Brücke ist eine Straßenbrücke bei El Qantara und wurde am 9. Oktober 2001 unter dem Namen Ägyptisch-japanische Freundschaftsbrücke (sic!) vom damaligen Staatspräsident Hosni Mubarak feierlich eröffnet. Später wurde sie nur noch Mubarak-Friedensbrücke genannt. Nach Mubaraks Absetzung im Jahre 2011 scheint in Ägypten der Name Friedensbrücke gebräuchlich zu sein, von Ausländern wird sie oft auch nur Suezkanal-Brücke genannt. So tue ich es hier auch.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Auf dem Bild oben kann man rechts hinten schon sehen, dass sich die Sichtverhältnisse verändern. Kurz hinter der Brücke fuhren wir dann auf eine Nebelwand zu, die innerhalb einer Minute die Sicht auf wenige Meter verringerte. Wir gingen enttäuscht zurück auf die Kabine. Hier sieht Astrid vom Balkon aus, dass sie nichts sieht.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Solange die Sicht vom Nebel versperrt ist, einige Informationen zum Kanal selbst: Der Suezkanal ist ein Schifffahrtskanal in Ägypten zwischen den Hafenstädten Port Said und Port Taufiq bei Suez, der das Mittelmeer über den Isthmus von Suez mit dem Roten Meer verbindet und der Seeschifffahrt zwischen Nordatlantik und Indischem Ozean den Weg um Afrika erspart. Der Kanal bildet die Grenze zwischen Afrika und Asien. Er wurde am 17. November 1869 eröffnet. Seine Länge betrug damals 164 km. Seit der 2009 fertig gestellten Vertiefung ist er einschließlich der nördlichen und südlichen Zufahrtskanäle 193,3 km lang. So langsam nahmen die Ufer des Kanals wieder Konturen an und wir konnten ein wenig erkennen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Aber so richtig klar ist es noch nicht, deshalb weiter mit Bildung: 2015 wurde ein neuer, parallel zum existierenden Kanal verlaufender, rund 37 km langer Kanalabschnitt eröffnet, der die bisherige Strecke begradigt und dadurch (für die eine Fahrtrichtung) etwas verkürzt. Der Suezkanal ist ein schleusenloser Meerwasserkanal, der – im Gegensatz zu Kanälen wie dem Panamakanal, die einen Höhenunterschied überwinden – keinen ständigen Wassernachschub benötigt. Wie peinlich ist deshalb der Fehler des Ägyptischen Postministeriums, das auf einer Briefmarke von 2014 den Suezkanal darstellen möchte und dies mit einem Bild des Panamakanals tut. Auf der mittleren Marke deutlich erkennbar ein Kanal mit einer Schleuse.

Im wahren Leben hat er keine Schleuse und ist dadurch auch von beiden Seiten für Fische zugänglich, was uns diese Fischer hier zeigen. Wie zu erkennen ist, haben wir wieder Sicht!

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Mir fielen auf der ägyptischen Seite sonderbare Bauwerke auf, die sich als Pontonbrücken entpuppten. Hier lagen die Vorbereitungen um den Kanal an vielen Stellen zu überbrücken, sollte eine politische oder militärische Eskalation in der Region dies notwendig erscheinen lassen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Um die Mittagszeit erreichten wir Suez. Wir erlebten die Stadt in einer ganz entspannte Vorbeifahrt, denn gerast wird auf dem Suezkanal nicht. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 11–16 km pro Stunde, je nach Streckenabschnitt und der Gezeitenströmung im Südende des Kanals. Ein Mindestabstand von 2 bis 3 km ist dabei zum nächsten Schiff einzuhalten. Auf dem nächsten Bild ist die große Moschee der Stadt zu sehen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Am Nachmittag war dann zunächst die große Suez-Show zu Ende, und wir nahmen das normale Bordleben wieder auf. Wenn wir nicht schlafen, dösen, essen oder trinken, machen wir Sport, damit schlafen, dösen, essen oder trinken nicht gar so garstige Folgen in und an unseren Körpern hinterlässt. Astrid ist hier beim Intervalltraining. Als ich mit meiner Fahrradeinheit fertig war, hatte ich sie entdeckt und fix die Kamera geholt.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Aber so ganz fertig war es mit dem Suezkanal noch nicht, sondern fand noch eine unerwartete Fortsetzung, als wir am Abend auf die Kabine kamen. Da lag diese Urkunde hier auf dem Bett. So richtig schön touristisch kitschig eben.

Am nächsten Morgen liefen wir unser nächstes Ziel an. Sharm el Sheikh. Und in diesem Moment erschließt sich auch der (zugegebenerweise etwas platte) Wortwitz der Überschrift dieses Blogeintrages. Tatsächlich heißt es übersetzt „die Bucht des Scheichs“. Aber bevor wir dort anlegen, müssen die beiden Steuerleute (vorne), der Lotse (rechts) und der Kapitän Morten Hansen noch ordentlich arbeiten. Ich fand es sehr spannend zu beobachten, wie der Steuermann unseren großen Kahn mit kleinsten Steuerbewegungen zentimetergenau manövriert. Alle vier stehen hier auf einem der beiden „Ohren“ rechts und links von der Brücke.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA In Sharm el Sheikh hatten wir auch keinen Ausflug gebucht, aber zwei Tickets für den Shuttlebus zum „Old Market“ besorgt, mit dem wir uns später in den Ort fuhren ließen, der auf der Sinai-Halbinsel und am Roten Meer liegt. Heute war der erste richtig warme Tag auf dieser Reise und Astrid hatte ein recht kurzes Kleid aus dem Schrank geholt. Das sollte noch Folgen haben.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Die Stadt ist ein Tourismuszentrum mit rund 35.000 Einwohnern und den üblichen touristischen Angeboten und Verhaltensweisen arabischer Geschäftsinhabern und Gewerbetreibenden. Angekommen im Ort fiel uns sofort die große und neue Al Mustafa Moschee ins Auge. Kunstvolle Schnitzarbeiten, prachtvolle Leuchter und kostbare Teppiche sollen die Moschee zu einem echten Schmuckstück machen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Astrid wollte hinein, aber ich war zunächst noch etwas unentschlossen, ob uns das als „Ungläubigen“ so einfach gestattet wird, oder was wir alles anziehen oder ausziehen mussten. Die Regeln dazu lauten: „Denken Sie daran, angemessene Kleidung zu tragen, wenn Sie die Al Mustafa Moschee besichtigen wollen. Die Schultern müssen bedeckt sein und Frauen sind dazu angehalten, ihre Haare mit einem Tuch zu bedecken. Außerdem darf das Gotteshaus nur ohne Schuhe betreten werden.“ Das Kleid von Astrid wurde vom Bewacher des Eingangs als „nicht angemessen“ beurteilt, allerdings hatte er sofort die richtige Alternative zur Hand, die sie überzog.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Nachdem Astrid ganzkörperverhüllt war und ich die Schuhe ausgezogen hatte (immerhin!) gingen wir hinein und konnten die Moschee ganz für uns alleine und auch unbeaufsichtigt anschauen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Irgendwann haben wir uns dann einen einheimischen freiberuflichen „Moschee-Erklärer“ eingefangen, der uns alles Mögliche erklären wollte und dazu noch ständig Fotos von uns beiden machen wollte. Als er zu lästig wurde gab es ein Bakschisch und er suchte sich andere Touristen. Zurück blieb ein Bild, dass uns beide in der Bekleidungsvariante „Moschee“ zeigt. Beide ohne Schuhe und Astrid in ihrem „kurzen Kleid“. J

Danach liefen wir einige Zeit durch den Ort und sahen uns die meist auf Touristen zugeschnittenen Lokalen und Geschäfte an, die an gepflegten Straßen um Kunden warben.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Aber es gab auch andere Geschäfte in diesem Ort; man musste nur ein wenig die Hauptstraße verlassen und durch die Nebenstraßen strolchen. Schon sah Vieles ganz anders aus.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Nach insgesamt zweieinhalb Stunden stellten wir uns dann an den Straßenrand genau an die Stelle, an der uns am Morgen der Shuttlebus herausgelassen hatte und warteten einige Minuten. Hier hatte ich noch einmal einen guten Blick auf die Moschee, bevor wir (diesmal mit bewaffneten Beifahrer) wieder zum Schiff gebracht wurden.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Mehr Bilder gibt es hier:


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