Geteiltes Frühstück und Mittagessen auf der Klippe
Das Best Western Hotel Alcyon in Porto Vecchio war das letzte Hotel auf Korsika und hatte als Besonderheit einen winzigen Frühstücksraum für Gruppen. Pascale hatte uns schon kurz vor der Ankunft damit vertraut gemacht, als sie erzählte, dass wir in zwei Schichten frühstücken würden. Die erste Schicht um 7:00 Uhr und die zweite Schicht um 8:00 Uhr. Alle zusammen passten nicht hinein. Die 43 Reisegäste hatten sich vollkommen stressfrei in 21 Frühstücker und 22 Spätstücker aufgeteilt, so dass alles geordnet schien. Als wir dann um kurz vor acht am Trog ankamen, trafen wir auf einen Frühstücker, der in seiner Gruppe keinen Platz bekommen hatte und nun bei den Spätstückern mitmachen wollte. Das Problem war nämlich: Selbst bei wohlmeinendster Betrachtung und kuscheligstem Zusammenrücken, passten nicht mehr als 20 Gäste an die drei Tische. Pascale, Siggi und ein paar andere Gäste frühstückten auf den Sesseln des Foyers. Für dieses Hotel war die Gruppe zu groß.
Wir gingen dann doch recht schnell nach draußen und Astrid nutzte die Zeit, sich um Ihre Dienstmails zu kümmern. Der Bus hatte sein W-lan auch an, wenn er ausgeschaltet und abgestellt war und so war Astrid mit dem Büro verbunden.
Danach bummelten wir kurz durch die Innenstadt von Porto Vecchio (mit ca. 11.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Korsikas) und hielten an der Eglise de Saint Jean Baptiste um sie von innen anzuschauen.
Später fuhren wir weiter nach Bonifacio, das am Südzipfel Korsikas gelegen ist und ca. 3.000 Einwohner hat. Der Ort teilt sich in zwei Gebiete: die Ville haute (Oberstadt) genannte mittelalterliche Altstadt und die Marina im Hafenbereich. Die Ville haute liegt auf einer 900 Meter langen, schmalen, parallel zur Küste verlaufenden Landzunge aus Kalkstein, der Île de Fazio, die an ihrer Seeseite aus einer durchschnittlichen Höhe von 70 Metern faktisch senkrecht zum Meer hin abfällt. Wir kamen an der Marina an und fuhren mit einem Bimmelbähnchen zur Oberstadt hinauf.
Oben in der alten Stadt angekommen, machten wir unter der Führung von Pascale einen Stadtrundgang und erfuhren Details zur wechselvollen Geschichte der Stadt. Die offizielle Gründung Bonifacios geht auf das Jahr 828 und den toskanischen Grafen Bonifacio II. zurück. Archäologische Funde belegen allerdings, dass die Gegend bereits in frühgeschichtlichen Zeiten besiedelt war. Wir liefen währenddessen durch die Gassen und bestaunten die sonderbaren Verbindungsstreben über den Gassen zwischen den einzelnen Häusern.
Von Pascale erfuhren wir dann, dass es 1187 den Genuesern mit einer List gelang die Stadt einzunehmen. Abgesehen von einer Unterbrechung in den Jahren von 1553 bis 1559 blieb Bonifacio bis 1768 in der Hand Genuas. Seit 1768 ist Bonifacio nun unter französischer Herrschaft. 1793 bereitete Napoleon hier die gescheiterte Invasion Sardiniens vor. Im Zweiten Weltkrieg wurde Bonifacio 1942 wie ganz Korsika von deutschen und italienischen Truppen besetzt. Nach so viel Kriegsgetümmel wurden wir freigelassen und Astrid und ich gingen erst einmal einen Kaffee trinken.
Danach liefen wir aus der befestigten Stadt auf der Landzunge zur Seeseite hinaus. An der Landseite der Landzunge ist eine fjordartige Bucht (frz. Calanque) in den Kalkstein eingeschnitten, die einen gut geschützten Naturhafen bildet. Von dort oben hatten wir eine gute Sicht hinein. Ein paar Stunden später fuhren wir genau dort mit dem Boot hinaus.
Nun war es Zeit zum Mittagessen und wir gingen zurück zu dem kleinen Café von vorhin, das uns Pascale empfohlen hatte; sie gehe dort selber gerne hinein, hatte sie uns vorhin beraten. Später gibt es zur Lage(!) des Cafés noch mehr zu berichten. Die Aussicht war auf jeden Fall grandios.
Langsam machten wir uns auf den Rückweg zur Marina. Wir verließen die Oberstadt durch das Haupttor; allerdings gingen wir nicht auf direktem Weg zur Marina hinunter, sondern zunächst auf der anderen Seite wieder hinauf. Von dort aus hatten wir noch einmal einen schönen Blick auf die Oberstadt.
In der Marina angekommen bestiegen wir das Ausflugsboot und fuhren durch genau die Bucht, die wir vor kurzem noch von oben angesehen hatten. Die Fahrt ging an der Steilküste entlang zu eindrucksvollen Felsformationen, die auch der Wendepunkt der Schifffahrt waren.
Auf der Rückfahrt fuhren wir viel näher an der Steilküste vorbei, so dass wir von unten sehen konnten, wie nah mittlerweile die Häuser an den Klippenrand gerückt sind, weil sich das Meer im Laufe der Jahrhunderte immer tiefer in den Kreidefels eingegraben hat.
Von besonderer Bedeutung war das für uns, weil wir kurze Zeit vorher noch an dieser Abbruchkante in aller Ruhe unsere Mittagspause verbracht hatten. Das nächste Bild ist ein Ausschnitt des vorigen Bildes. Und „unser“ Lokal ist markiert. An dem Tisch, der hinter dem linken der drei Fenster zu erkennen ist, hatten wir soeben noch gesessen. Spannend, oder?
Nachdem wir wieder im Hafen angekommen waren mussten wir uns von Pascale verabschieden, denn die Fähre wartete auf uns. Es kam zu einer anrührenden Szene, als der ganze Bus-Tross von einer resoluten Einweiserin des Fährschiffes aufgefordert wurden, die Fähre zu entern und sich alle weigerten, weil wir uns noch nicht von Pascale verabschiedet hatten. Die lief nämlich noch umher und hatte irgendetwas für uns zu erledigen. Als sie dann kam, wurde umarmt, geherzt und die eine oder andere Träne verdrückt. Erst dann setzte sich die Truppe in Bewegung.
Eine Stunde später hatten wir Sardinien erreicht und der zweite Teil der Reise begann.
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