Von rasierten Köpfen und verdrehten Beinen

February 15, 2019

Der Vormittag begann ruhig am heutigen Tag. Das Schiff musste ordentlich Strecke machen und die Passagiere hatten Zeit. Frau Shin hielt einen Vortrag im Salon mit dem Titel „Land und Leute“ und wir lernten viel Interessantes, aber auch manches Kurioses kennen. Dass Männer- und Frauenwäsche nach traditioneller Vorstellung nicht gemeinsam gewaschen und auf die Leine gehangen werden darf, ist nur ein Schmankerl aus diesem Vortrag. Nach dem Mittagessen ging es los. Es warteten wieder einmal Kutschen auf uns.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Mit einem PS fuhren wir dann im Konvoi durch Ava und hatten ausreichend Zeit die Landschaft zu betrachten und den  Menschen am Straßenrand zuzulächeln und zuzuwinken, was immer (auf der ganzen Reise wirklich jedes Mal) mit großer Freude aufgenommen wurde.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Auf dem Weg nach Amarapura hielten wir am Bagaya Kloster, das 1834 von König Bagyidaw errichtet wurde. Zwischen ehemaligen Reisfeldern ragt es auf seinen 267 mächtigen Teakholzstämmen hervor.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Weiter ging die Fahrt in der Kutsche zum schiefen Wachturm des letzten Königspalastes. Er ist neben dem Wasserbecken das einzige Überbleibsel des einst so prächtigen Königspalastes von König Bagyidaw und wurde im Jahr 1822 erbaut. Er ist mit seiner Höhe von fast 27 m auch aus weiterer Umgebung zu sehen. Nach dem verheerenden Erdbeben 1838 ist ein Teil der Spitze eingestürzt und der Turm hat dadurch an Höhe eingebüßt. Da er sich seit dem Erdbeben ein wenig zur Seite neigt, so kam er zu seinem Spitznamen „schiefer Turm von Inwa“.

Danach verließen wir Kutscher und Pferd und bestiegen wieder einen Bus, allerdings erst nachdem wir mit einer Fähre einen schmalen Seitenarm des Irrawaddy überquert hatten. Unser Ziel war Amarapura und dort die U-Bein Brücke. Die U-Bein-Brücke ist ein Fußgängerübergang, der den Taungthaman-See in der Nähe von Amarapura quert.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Die 1,2 Kilometer lange Brücke wurde um 1850 erbaut und gilt als älteste und längste Teakholz-Brücke der Welt. Den Namen hat die Brücke von Bürgermeister U Bein, der ihren Bau in Auftrag gab. Wie man auf dem nächsten Bild sieht, war reger Betrieb auf der Brücke, als wir hinübergehen wollten.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Als wir etwas mehr als die Hälfte der Strecke bis zum ersten Abstieg hinter uns gebracht hatten entschieden wir uns, umkehren. Zu groß war das Gedränge der Touristen und zu gefährlich erschien es uns auf der Brücke in 5 Metern Höhe und ohne Geländer von den unvermeidlichen Gruppen von Japanern oder Chinesen erwischt zu werden, die in Selfi-Mania Stimmung Alles um sich herum vergaßen und hin-und hersprangen, für das noch bessere Selfie. So gingen wir unten herum, um in die Mitte der Brücke zu kommen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Denn dort, wo dank des Niedrigwassers eine Insel im See entstanden war, wollten wir dem Sonnenuntergang auflauern, weswegen auch alle anderen Touristen hier waren. Wir kamen einige Minuten vor dem Ereignis an, suchten uns ein passendes Plätzchen und warteten, bis es uns passend erschien, den Auslöser zu betätigen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Nachdem die Sonne untergegangen war, gingen wir zurück, bestiegen unseren Bus und fuhren zurück zum Schiff. Unterwegs legten wir noch einen kurzen Stopp in einer typischen Seidenweberei ein und Astrid machte ein paar Bilder.

Am nächsten Morgen war wieder einmal Tempel-Time. Wir fuhren mit dem Bus an den Fuß des Sagaing Hill, stiegen in drei Pickups um und fuhren die schmaler werdende Straße in engen Windungen weiter hinauf. Von oben hatten wir die versprochene Aussicht auf die Hügel der Umgebung.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Mir gefiel die kleine wuselnde Gruppe der Novizinnen so gut, dass ich sie fotografierte. Wenn man genauer hinsieht, kann man erkennen, dass sie fast alle Handtücher um den Kopf gewickelt tragen. Wahrscheinlich war die erste Rasur Ihres Kopfes gerade erfolgt.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Weiter ging es, mit jetzt nur noch zwei Pickups, wieder hinunter. Der Fahrer des dritten Pickups hatte vermutlich einen anderen lukrativen Auftrag erhalten und sich gedacht, die passen doch auch auf zwei Ladeflächen. Nun ja, etwas kuschelig war es dann schon. Aber wir kamen wohlbehalten unten an und fuhren weiter zur Muhamuni-Pagode, der zweitwichtigsten Pilgerstätte des Landes.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Im Zentrum der religiösen Verehrung steht eine Buddha Figur, die seit Jahren von den Gläubigen mit Blattgold beklebt wird. Von der 3,80 Meter hohen Bronzefigur ist heute nur noch das Gesicht sichtbar. Die Goldschicht soll zwischen 25 und 35 Zentimeter dick sein. Und das Gewicht des aufgeklebten Goldes wird auf mittlerweile mehrere Tonnen geschätzt. So leidet diese Figur mittlerweile an goldener Adipositas. Ich konnte nur einen kurzen Blick auf das goldene Übergewicht werfen und so entstand dieses Bild, dass einige Pilger bei Blattgold aufrubbeln zeigt.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Auf dem zentralen Plateau entdeckten wir eine sonderbare Prozession. Jungen und Mädchen, die Ihre ersten (und oft auch einzigen) Tage im Kloster verbringen wollten, oder sollten, waren in kostbare Gewänder gehüllt, getrennt nach Geschlechtern und der Größe nach aufgestellt worden, so dass Familie und Freunde sich gebührend, und vielfältig fotografierend, verabschieden konnten. Ein ganz besonderer goldiger Lindwurm.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Weiter ging es zu einem profanen Ziel. Eine Blattgoldmanufaktur mit angeschlossenem Schmuckgeschäft wartete auf uns. Ich hatte mir bisher keine Gedanken darüber gemacht, wie in Myanmar das so oft benötigte Blattgold hergestellt wird. Und ich wäre auch nicht darauf gekommen, dass es so geschieht, wie es geschieht. Das schon maschinell gewalzte, aber noch viel zu dicke Gold wird in mehrere Lagen Papier eingepackt, oben und unten mit einer festen Platte gedeckelt, mit langen Hämmern geschlagen, nach einer Stunde ausgepackt, neu verpackt und wieder mit den Hämmern bearbeitet. Dass ganze lässt sich mit einem kleinen Film besser zeigen, als mit Bildern. Oh,..und bitte den Ton anstellen.

Nach soviel Goldgehämmer, kaufte sich Astrid einen Blattgoldanhänger und wir kletterten wieder in unseren Bus. Unser nächstes Ziel war die Kuthoda-Pagode, die aus 729 pavillonartigen Tempeln besteht, in denen je eine weiße Marmorplatte steht.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Auf den Marmorplatten ist der Pali-Kanon niedergelegt, das Leben und die Lehren Buddhas. Die ursprünglich vergoldeten Lettern sind heute nur noch schwarz eingefärbt. Die Pagode wird wegen dieser umfangreichen Darstellung auch als „Das größte Buch der Welt“ bezeichnet. Vor der Erschaffung dieser Anlage waren die Texte ausschließlich auf Pergament niedergeschrieben. Die Inschriften wurden von der UNESCO in die Liste des Weltdokumentenerbes aufgenommen. (1)

OLYMPUS DIGITAL CAMERA In der Mitte der Anlage befindet sich außerdem die vergoldete Maha Lawka Marazein-Pagode, die bereits 1857 nach den Plänen der Shwezigon-Pagode erbaut wurde. (1)

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Die Anlage bot vielfältige Gelegenheiten sich in Pose zu stellen und fotografiert zu werden. Als mich ein einheimisches Paar wegen eines Bildes ansprach, dachte ich zunächst, ich solle die Beiden abbilden. Gewünscht war aber, dass sich die zierliche, kaum eineinhalb Meter große Frau neben mich stellt, um mit mir zusammen auf das Bild zu kommen. Der Mann machte verschiedene Bilder, ich spielte geduldig mit, aber so recht zufrieden wirkte er nicht. Bis er damit herausrückte, dass ich doch irgendeine positive Pose einnehmen möge. Nur dumm rumstehen, reichte nicht. Also zeige ich mit dem Daumen nach oben, lächelte so positiv wie nur möglich und der Fotograf war zufrieden. Das zierliche Persönchen, mit dem Riesenkerl neben sich, anscheinend auch und ich war entlassen. Astrid hatte die Zeit genutzt und ein anderes Paar fotografiert. Auch schön!

Auf dem Weg zum wiederaufgebauten Königspalst hielten wir am Sterbezimmer des Königs, das vor der Zerstörung des alten Palastes umgezogen worden war. Dieser Stopp war nicht im Programm vorgesehen, aber Thomas fand es wichtig, uns dieses Kleinod zu zeigen und wir nahmen es dankbar an.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Es gab viele Holzschnitzereien an den Wänden, Türen und Treppenaufgängen. Die nachfolgende Schnitzerei soll sicher vor den Folgen von unsachgemäßem Yoga warnen. Der arme Kerl mit seinem verdrehten Bein hat bestimmt starke Schmerzen gehabt. J

Um in den wieder aufgebauten Königspalast zu gelangen, mussten wir mit unserem Bus durch eine enge Einfahrt, die außerdem von Militär bewacht wird. Der Grund liegt darin, dass auf dem Gelände das nördliche Stabsquartier der myanmarischen Armee eingerichtet wurde. Einmal innerhalb des Geländes durften wir uns frei bewegen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Gegen Ende unsere Besichtigung schraubten wir uns noch die Treppe an diesem Turm empor, der ungefähr 50 Meter hoch ist.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Von oben hatten wir dann eine gute Aussicht auf die gesamte Anlage, die die Größe einer kleinen Stadt hatte. Zurück bleibt aber die Erinnerung, dass es mir auf der ganzen Anlage an tatsächlichem Leben fehlte. Es war wie ein Freilichtmuseum bei uns zu Hause. Menschen lebten hier nicht.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Aber es ist ein guter Zeitpunkt, den geneigten Leser mit Thomas bekanntzumachen. Thomas war unser „Kreuzfahrtdirektor“, wie er sich selber schmunzelnd nannte. Tatsächlich war er der Cheforganisator, Vertreter des Veranstalters vor Ort, Ansprechpartner für Fragen und Probleme aller Art und freundlich lächelnd überall zur Stelle.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA (1) Quelle: Wikipedia.

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