229 Seemeilen waren es in dieser Nacht gewesen, also 424 Kilometer, die das Schiff von Rosyth nach Kirkwall zurückgelegt hatte. Wir hatten am Abend um 18:30 Uhr abgelegt und waren am nächsten Morgen gegen 9:30 Uhr dort. Kirkwall ist Hauptort der Insel Mainland, der größten Insel der schottischen Orkneys, und hat etwas über 6.000 Einwohner. Wir waren schon einmal hier - vier Jahre zuvor - während unserer Schottlandreise. Heute hatten wir keinen Ausflug gebucht, sondern wollten eigene Wege gehen. Im Tagesprogramm des Schiffes war eine Bustour angegeben, die die Sehenswürdigkeiten von Mainland abfuhr. Diesen Bus wollten wir eigentlich nehmen. Vom Schiff aus brachte uns ein Shuttlebus zur Touristeninformation. Um 10:15 Uhr waren wir dort und erfuhren, dass der gewünschte Bus um 10:00 Uhr losgefahren sei. Die nächste Tour startete um 14:00 Uhr. Wir brauchten also einen neuen Plan. Wir wollten nun auf jeden Fall zum Ring of Brodgar und die freundliche Dame in der Touristeninformation zeigte uns mit einer Landkarte, wohin uns ein Überlandbus bringen könnte, wann und wo er los- und wiederzurückfuhr und wo wir (mangels Haltestelle) auf offener Landstraße aus- und rückwärts auch wieder einsteigen müssten und wohin wir dann zu Fuß weiterlaufen sollten…! Hörte sich ein wenig abenteuerlich an, war es aber letztendlich nicht. Wir erklärten also dem freundlichen Busfahrer unser Vorhaben, er nickte wohlwollend und so fuhren wir mit dem Linienbus los. Nach einer halben Stunde Fahrtzeit kamen wir an einem Straßen Abzweig an und der Bus hielt nur für uns. Der Fahrer zeigte die abzweigende Straße entlang, wir stiegen aus und liefen los. Nach 20 Minuten wandern kamen wir zunächst bei den Stones of Stenness an. Die Aufrichtung der Steine wurde durch die Radiokohlenstoffdatierung auf das Jahr 3100 v. Chr. datiert, Stenness ist damit einer der frühesten Steinkreise Britanniens. Von den ehemals 12 Steinen des inneren Kreises stehen heute noch vier. Die vier noch erhaltenen Steine gehören zu einem Oval von 30 Metern Durchmesser. Wir liefen bei bestem Wetter durch die Anlage und freuten uns daran, die Steine aus der Nähe ansehen oder begreifen zu können. Ein viel intensiveres Erlebnis, als das touristisch überlaufene und eingezäunte Stonehenge einige Monate vorher. Weiter ging es die Landstraße entlang, bis wir nach weiteren 20 Minuten den „Ring of Brodgar“ am Horizont sahen. Der Ring von Brodgar ist ein Henge mit einer kreisförmigen Steinsetzung im Inneren. Beeindruckend sind seine Ausmaße: Mit einem Durchmesser von über 100 Metern ist er größer als Stonehenge. Von den ursprünglich etwa 60 Steinen sind noch 27 erhalten. Er ist wahrscheinlich 2700 v. Chr. Entstanden, also ca. 400 Jahre jünger als Stennes. Insgesamt gab es einst 60 Steine; jetzt stehen noch 21 Steine, die meist um die zwei Meter hoch. Einer allerdings erreicht über 4 Meter Höhe. Wir liefen darin herum, und konnten auch hier wieder die Steine ohne Beschränkung erleben. Irgendwann wurde es dann Zeit den Rückweg anzutreten. Wir hatten ja den Fahrplan des Überlandbusses mit. Da aber dort, wo wir hinwollten, keine Haltestelle war, nahmen wir einfach die Zeiten der vorigen und der nächsten Haltestelle und konnten so ungefähr ausrechnen, wann er wieder an der Kreuzung sein müsste, an der wir ausgestiegen waren. Wir lungerten dort ein wenig herum und als der Bus kam, winkten wir dem Fahrer. Der hielt und wir kamen wohlbehalten wieder nach Kirkwall. Auf besonderen Wunsch eines einzelnen Herren, gab es fish and chips am Hafen. Da wir mittlerweile die Portionen kannten, kauften wir einmal fish and chips und zwei Getränke und wurden beide satt.
In der Nacht fuhr die MS Artania 166 Seemeilen, etwa 307 Kilometer, bis Ullapool und warf ca. 100 Meter vor Land den Anker aus. Wir lagen auf Rede. Ullapool ist ein Küstenort in Schottland am Loch Broom. Mit seinen ca. 1.500 Einwohnern ist Ullapool die größte Siedlung in den sehr dünn besiedelten nordwestlichen Highlands. Auch in Ullapool wollten wir wieder auf eigene Faust los und schauten etwas sorgenvoll in den Himmel, denn das Wetter hatte am Morgen noch sehr viel Luft nach oben. Das austendern verlief schnell, die Wegstrecke war ja nur kurz. Wir nahmen wegen des Wetters vorsichtshalber alles das mit, was wir für unverzichtbar hielten und machten uns mit warmer Kleidung, Jacke, Regenschirm, einer Packung Plätzchen und zwei im Ort eingekauften Flaschen Wasser auf den Weg. In der Touristeninformation ließen wir uns beraten, wohin unsere Wanderung uns führen sollte. Das Tagesprogramm des Schiffes schlug unter anderem eine Wanderung über den „Ullapool Hill Path“ zum “Eas Dubh“ Wasserfall vor. Die drei Damen in der Touristeninformation waren sehr freundlich, sehr zuvorkommend und besonders hilfsbereit, hatten jedoch noch nie von einem “Eas Dubh“ Wasserfall in der Nähe gehört. Wir behalfen uns mit dem Weg zum Einstieg in den Ullapool Hill Path und liefen los. Das Wetter verbessert sich minütlich. Es wurde sonnig und warm und wir waren sehr froh darüber, dass wir uns so dick angezogen hatten und noch Jacken und einen Schirm dabeihatten. Als wir den Berg gut zur Hälfte bestiegen hatten, erreichten wir einen Aussichtspunkt und sahen die Artania vor dem Ort in der Bucht liegen. Für uns ging es weiter den Berg hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter. Wir liefen dabei durch eine malerische Heidelandschaft und hatten nur zwischendurch mit diversen Viehgattern zu kämpfen. Die sind so beschaffen, dass Rinder oder Schafe nicht hindurchkönnen, Wanderer allerdings doch. Dazu mussten die beiden Wanderer aber erst einmal verstehen, wie die Gatter mit ihrer Schleusenkonstruktion zu bedienen sind. Wir haben es dann doch geschafft uns intellektuell vom Schaaf abzuheben und konnten weiterlaufen. Kurz vor Loch Broom bogen wir links ab, weil wir sonst zu weit abgekommen wären und trafen so auf den Fluss, der von Loch Broom gespeist, in Ullapool am Meer ankommt. Wir nutzten die schöne Landschaft am Fluss für eine Mittagspause. Von unserem Picknick Platz aus sahen wir den Fluss, der sich recht dunkel über ein paar Steintreppen ergoss. Später zu Hause ging ich der Frage nach, wo denn nun wohl der vom Schiff angekündigte “Eas Dubh“ Wasserfall sein könnte und meine Recherchen ergaben Folgendes: Eas Dubh ist Gälisch und bedeutet „schwarzer Wasserfall“. Wenn man das googelt gibt es sehr viele Teffer, denn Eas Dubh gibt es viele in Schottland. Und auch einen bei Ullapool. Im Internet fand ich auch eine Wanderbeschreibung, die unseren Weg beschrieb und auch am dortigen Eas Dubh vorbeikam. Wir hatten den vom Schiff beschriebenen „Wasserfall“ also eher zufällig gefunden und dort während unserer Mittagspause gesessen. Mehr Bilder gibt es hier: