Tim und Struppi, Lego und ein pichet Wein
Der Tag fing wieder mit der gleichen Situation im Frühstücksraum an wie gestern. Es war ausreichend von Allem da, bis auf Kaffee und Brot. Das Personal verstand auch gar nicht, dass es die Vierfache Menge bringen musste, damit diese dann für 46 Hotelgäste wenigstens 10 Minuten reichten. Morgen sollte es besser werden, aber davon wussten wir an diesem Morgen noch nichts. Wirklich ärgerlich ist eben auch, dass solch ein Missgeschick in der Reisegruppe zum Thema wird und den Tagesablauf beeinträchtigt. Doch bevor ich weiter hier rumnörgele, fahren wir nach Cherverny.
Schloss Cheverny ist ein Loireschloss nur wenige Kilometer südlich von Blois gelegen, wo wir gestern waren. Das Schloss wurde für den Grafen Henri Hurault, Generalbevollmächtigter für das Gouvernement Orléans und Vogt von Blois, zwischen 1620 und 1630 im frühen und strengen klassizistischen Barockstil errichtet und wird noch heute von seinen Nachkommen, der Familie Hurault de Vibraye, bewohnt, die im Schloss auch Ihre persönliche Gegenstände zum Schutz vor und zur Abwehr von Einbrechern lagern.
Aber tatsächlich war es in diesem Schloss an einer Besonderheit zu erkennen, dass es in Privatbesitz war. Die recht üppig ausgestatteten Zimmer hatten als Besonderheit neben den historisch zutreffenden Einrichtungsgegenständen einzelne Beigaben aus Lego! Auf dem nächsten Bild kann man gut erkennen, dass die Kinderwagen historisch sind, aber die beiden Hunde links aus den Plastiksteinen gebaut sind.
Auf dem nächsten Bild sind die Ratte, aber auch das Obst auf dem Teller aus den bekannten Stecksteinen zusammengesetzt. Ein wirklich sonderbarer Humor.
Wir hielten uns nicht sehr lange im Gebäude auf, sondern schlenderten durch den Park und fanden an seinem Ende die Orangerie mit einem kleinen gastronomischen Angebot. Hier war Alles ohne Lego.
Auf dem Weg zurück zum Bus kamen wir an der kleinen „Tim und Struppi“ Ausstellung vorbei, die in einem Nebengebäude gezeigt wurde. Anfang der 40er-Jahre sah der belgische Comic-Autor und -Zeichner Hergé eine Fotografie der Barockanlage. Fortan verwendete er sie regelmäßig als Schauplatz für seine Kult-Comic-Reihe "Tim und Struppi". Abgebildet war Mühlenhof (so der Name des Schlosses im Comic) zum ersten Mal 1944 in "Der Schatz Rackhams des Roten". Allerdings stutzte Hergé, der übrigens niemals in Cheverny gewesen ist, den Prachtbau in seinen Zeichnungen etwas zurecht und ließ die beiden wuchtigen Seitenflügel links und rechts vom Haupthaus einfach weg.
Wir fuhren weiter nach Chenonceaux und dort zum Wasserschloss Chenonceau. Warum dem Schloss am Ende das „x“ fehlt, das im Ortsnamen enthalten ist, weiß ich nicht. Mittlerweile hatte es angefangen zu nieseln und Alles sah ein wenig trübe aus. Eine etwa 330 Meter lange Platanenallee mit Wassergräben an den Seiten führt geradlinig auf ein Rasenparterre zu, dessen Eingangsbereich von zwei Sphinxstatuen aus der Regierungszeit Ludwigs XIV. flankiert wird.
Dahinter öffnet sich die großzügige Anlage mit dem ehemaligen Bergfried der Vorgängeranlage (auf der rechten Seite des Bildes unten), der nach seiner langjährigen Besitzerfamilie Tour des Marques genannt wird. Vor dem Turm steht das einzige weitere Überbleibsel der mittelalterlichen Burganlage: der ehemalige Burgbrunnen.
Das Hauptgebäude des Schlosses ist über eine Brücke an seiner Südseite mit der Vorinsel verbunden. Der dreigeschossige Bau aus weißem Kalkstein besitzt einen quadratischen Grundriss und steht auf zwei steinernen Fundamentblöcken mitten im Fluss.
Das Innere des Hauptgebäudes besticht durch eine außergewöhnliche Fülle an altem und wertvollen Mobiliar sowie zahlreichen Kunstwerken. Die im Schloss beheimatete Gemäldesammlung fußt vor allem auf der Sammeltätigkeit Marguerite Pelouzes und beinhaltet zahlreiche alte Meister.
Der zentralen Eingangshalle des Erdgeschosses schließt sich im Südosten die 60 Meter lange und sechs Meter breite Galerie an, die von einer Bogenbrücke über den Cher getragen wird. Weil sie erst später angefügt wurde, ist durch sie die architektonische Symmetrie des Gesamtensembles angegriffen, denn sie schließt sich nicht auf Höhe der symmetrischen Mittelachse des Hauptgebäudes an, sondern ist etwas nach Süden verschoben. Ihr Inneres ist sehr schlicht gehalten. Während des Ersten Weltkriegs diente die Galerie als Lazarett.
Von 1940 bis 1942 bestand im Schloss die kuriose Situation, dass die Demarkationslinie zwischen Vichy-Frankreich, der sogenannten „freien Zone“ und dem von deutschen Truppen besetzten nördlichen Teil des Landes entlang des Cher und deshalb quer durch das Gebäude verlief. Während der Haupteingang also auf besetztem Gebiet stand, lag der Südausgang der Galerie im freien Teil, sodass das Schloss einen häufig genutzten Fluchtweg darstellte.
Wir hatten für heute genug erlebt und benutzten den nächstbesten Fluchtweg in das angeschlossene Restaurant um das Gesehene, Gehörte und Erlebte bei einem Pichet Wein zu verarbeiten. So hatten wir schon ein bisschen vorgeglüht, denn heute Abend fand das Abendessen mit Weinprobe in einem Weingut in Civray-de-Touraine statt. Zum Schutz aller Beteiligten gibt es davon keine Bilder.
Aber von den beiden Schlössern gibt es mehr Bilder hier: