Der verkannte Martin Luther

October 21, 2019

Am Morgen kamen wir mit unserem schwimmenden Einkaufszentrum in Helsinki an. Schon gestern Abend hatten wir das Innere des riesigen Fährschiffs bestaunt, als wir durch die lange „Einkaufsstraße“ schlenderten, die sich dort befand, wo auf anderen Schiffen die Innenkabinen sind. Innenkabinen gab es hier auch, wenn auch mit Fenster. Diese zeigten dann eben nach innen und man sah von seiner Kabine auf die Einkaufsstraße hinunter.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Nach einem reichhaltigen, aber wuseligen Frühstück verließen wir das Schiff und trafen auf Taru, die unsere Reiseleitung in Helsinki und von dort bis zur russischen Grenze sein würde. Unsere Stadtrundfahrt begann sofort und der erste Halt brachte uns zum Dom von Helsinki.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Der Dom von Helsinki ist eine evangelische Kirche in der finnischen Hauptstadt und die Kathedrale des lutherischen Bistums Helsinki. Die von Carl Ludwig Engel entworfene Kirche liegt am Senatsplatz im unmittelbaren Zentrum Helsinkis und ist das bekannteste Wahrzeichen der Stadt. Jährlich wird es von 350.000 Menschen besucht. Und wir waren in diesem Jahr dabei.

Der Dom gehört zum zwischen 1820 und 1850 erbauten klassizistischen Zentrum Helsinkis. Carl Ludwig Engel lieferte bereits 1819 die ersten Pläne für den Dom. Der Bau wurde 1830 begonnen und 1852 fertiggestellt.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Der klassizistische Dom ist eine Kreuzkuppelkirche mit einem Grundriss in Form eines griechischen Kreuzes. Engel wählte diese Form, da der Dom von allen Seiten zu sehen sein würde. Die Kuppel bot aber auch von innen einen interessanten Anblick.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Der Innenraum des Domes ist äußerst schlicht und ganz in Weiß gehalten. Der Altar befindet sich an der Ostseite, der Haupteingang ist auf der zur Straße Unioninkatu hingewandten Westseite. Der einzige Schmuck des Kirchenraums sind Statuen der Reformatoren Martin Luther, Philipp Melanchthon und Mikael Agricola in den Ecken des Kirchenraumes. Und hier erlebte Astrid die tiefe kulturelle, historische, politische und religiöse Bildung von US-Touristen, die – vor der Statue von Martin Luther stehend – ausriefen: "Oh look, Martin Luther King!" Und hier ist er:

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Unsere Reiseleiterin Taru war nun (zu Recht) der Auffassung, dass es Zeit für einen biologischen Stopp sei. Der Tourist an sich ist ja ein berechenbares Wesen und zweieinhalb Stunden nach dem Morgenkaffee ist der durch den Körper gelaufen und will raus. Sie brachte uns also zu einem kleinen Einkaufszentrum, dass so Einiges bot. Zunächst sahen wir Kunst am Bau, die sich aber dem gleichen Thema widmete.

Wir gingen hinein und fuhren mit dem Aufzug ganz hinauf bis zum obersten Stockwerk. Von dort sollten wir eine gute Aussicht auf Helsinki haben. Womit wir nicht gerechnet hatten war, dass wir noch eine viel bessere Aussicht auf eine MiG-21 hatten, die so einfach auf dem Dach herumstand. Dieser Flugzeugtyp wurde zu Zeiten der Sowjetunion von Finnland eingesetzt; seit den 1990er-Jahren wurden die sowjetischen Typen immer mehr durch westliches Material ersetzt. Wie die Maschine auf das Dach des Einkaufszentrums kam, ist mir nicht bekannt.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Zurück am Bus gab es Kaffee aus der Bord-Küche, denn wo wieder Platz ist, passt auch Kaffee rein. Unser nächster Programmpunkt war das Sibelius Denkmal. Johan Julius Christian („Jean“) Sibelius (* 8. Dezember 1865 in Hämeenlinna; † 20. September 1957 in Järvenpää bei Helsinki) war ein finnischer Komponist am Übergang von der Spätromantik zur Moderne. Wir wollten uns aber nicht so sehr mit ihm, als mit seinem Denkmal beschäftigen. So sieht es dort aus.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Das Denkmal steht im Sibelius-Park und dieser gehört zu den schönsten, bekanntesten, außergewöhnlichsten und prachtvollsten Parks in Helsinki. Die Felsen und Birken erinnern an das Lappland und zudem befindet sich das spezielle orgelförmige Sibeliusdenkmal in diesem Park. Aus diesem Grund wird dieser Park jedes Jahr von tausenden Touristen besucht und bestaunt. (Der obige Text entstammt der Eigenwerbung).

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Das Denkmal wurde von der Bildhauerin Eila Hiltunen entworfen und gestaltet. Generell soll das Denkmal das Leben des rebellischen und patriotischen Musikers widerspiegeln. Diesen Ansatz konnte ich trotz großer Mühen nicht nachvollziehen, aber das Denkmal bot durch seinen Aufbau viele unterschiedliche Perspektiven, von denen ich einige mit der Kamera einfangen wollte. Dazu lief ich drumherum, kroch drunter her und guckte in die Röhre, wenn es sein musste.

Das Sibeliusdenkmal wird in Finnland auch umgangssprachlich als "Orgel aus Stahlrohren" bezeichnet und hat nach seiner Enthüllung 1967 zu Protesten geführt, weil der Geehrte selbst nicht dargestellt ist. Daher musste die Künstlerin eine Büste nachliefern, die überlebensgroß und silbermetallisch auf einer danebenliegenden Felskante aufgestellt wurde. Hier ist die Büste:

Weiter ging es zur Felsenkirche, die eigentlich Temppeliaukio-Kirche heißt. Schon in den 1930er Jahren gab es erste Ideen, eine Kirche auf dem Tempelberg in Helsinki zu errichten. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation konnte jedoch erst 1968 mit den Bauarbeiten begonnen werden.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Die Kirche wurde von den Architekten (und Gebrüdern) Timo und Tuomo Suomalainen geplant und 1969 fertiggestellt. Sie wurde in einen Granitfels hineingebaut, durch das Kupferdach mit 180 Fenstern kommt jedoch Tageslicht herein. Die fünf bis acht Meter hohen Kirchenwände bestehen aus unbehauenem Fels. Die Kirche hat bis zur Kuppelspitze eine Höhe von 13 m. Wer mag, klickt für „Film ab“.

Dann wurden wir zum Hotel gebracht und hatten den Nachmittag frei. Wir machten uns sofort wieder auf den Weg, denn wir wollten zunächst zum Markt am Hafen und dann zur Uspenski-Kathedrale. Am Hafen liefen wir zunächst an den verschiedenen Fischbuden vorbei, entschieden uns dann für eine und bestellten Fischsuppe und Lachs mit Kartoffeln. Warum mein Teller soviel größer und üppiger aussieht, als Astrids Fischsuppe, weiß ich auch nicht, aber lecker waren beide Mittagessen und satt wurden wir auch.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Zur Uspenski-Kathedrale waren es nur wenige Minuten Fußweg und so gingen wir den kleinen Hügel hinauf, auf dem sie steht. Die Kathedrale ist eine orthodoxe Kirche und die Kathedrale der finnisch-orthodoxen Diözese Helsinki. Ihr Name stammt aus dem Russischen und bedeutet Mariä-Entschlafens-Kathedrale.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Die Uspenski-Kathedrale wurde vom Architekten Alexei Gornostajew im russisch-byzantinischen Stil entworfen und 1868 geweiht. Die aus roten Ziegelsteinen gebaute Kathedrale ist die größte orthodoxe Kirche im westlichen Europa. Sie hat 13 Kuppeln mit vergoldeten Spitzen. Der opulent ausgestattete Innenraum wird von vier massiven Granitsäulen, die die Hauptkuppel tragen, beherrscht. Leider kam ich nicht genau in die Mitte unter der Hauptkuppel, deshalb ergab sich dieser etwas schräge Blick.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Danach liefen wir noch geraume Zeit durch die finnische Hauptstadt, suchten einen Markt, der leider schon geschlossen war, als wir ankamen und fanden eine Apotheke weil ich eine entzündungshemmende Salbe kaufen wollte, was gelang. Auf dem Rückweg kamen wir wieder am Dom vorbei und damit auch an der Bibliothek, die Astrid schon ein paar Stunden vorher besichtigt hatte, als ich noch mit dem Dom beschäftigt war. Nun konnte ich auch noch einen Blick hineinwerfen. Damit endete unsere Besichtigung in Helsinki und wir gingen zum Hotel zurück.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Am nächsten Morgen wollte Taru etwas früher anfangen die Koffer zu verladen, um etwas Zeit zu gewinnen, damit wir auf dem Weg zur russischen Grenze Porvoo besichtigen konnten. Vor ungefähr 800 Jahren gegründet, ist Porvoo die zweitälteste Stadt Finnlands und wir versuchten ihre lange Geschichte bei einem Spaziergang durch das historische Viertel auf uns wirken zu lassen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Es war gar nicht so einfach die schmale Straße den Berg zu kommen, denn der Straßenbelag bestand aus Feldsteinen, die mit ihrer runden und glatten Oberfläche nicht immer und überall rutschfest waren. Wir verabschiedeten uns mit einem Blick auf unsere Füße von Finnland und freuten uns schon auf die „Mentalität der russischen Grenzer“ (wie unser Reiseveranstalter in seiner Reisebeschreibung tief blicken ließ).

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Als wir an der Grenze zu Russland ankamen, hatten wir Gelegenheit an der letzten Tankstelle vor der Grenze „Westware“ zu kaufen und uns von Taru zu verabschieden, die uns bis hierher begleitet hatte.
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