Von Überziehern und heftigem Geläut

October 21, 2019

Heute Vormittag fuhren wir nach Pawlowsk, um die jüngste der Sommerresidenzen der Zaren zu besichtigen, stand im Programm. Der Ort, mit ungefähr 16.000 Einwohnern, liegt etwa 30 Kilometer südlich von Sankt Petersburg und fünf Kilometer südöstlich von Zarskoje Selo, wo wir gestern waren um den Katharinenpalast zu besuchen. Als wir bei bestem Wetter am Palast ankamen begrüßte uns die Statue von Zar Paul I. der vor dem Hauptgebäude steht.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Die Geschichte der Stadt Pawlowsk begann 1777, als das Grundstück der heutigen Parkanlage entlang des Flüsschens Slawianka dem späteren Zar Paul I. anlässlich der Geburt seines ersten Sohnes und Thronfolgers, Alexander, von seiner Mutter Katharina II. geschenkt wurde. Zunächst errichtete das Kronprinzenpaar dort zwei hölzerne Schlösschen, Marienthal und Paulslust, dann nahmen sie das große Schlossprojekt in Angriff. Wir nahmen indessen die lange Schlange in Angriff, die sich vor dem Eingang gebildet hatte. Klick für Film ab.

Als wir es endlich bis hineingeschafft hatten, kam das Unvermeidliche. Überzieher für die Schuhe. Mit dieser bodenschonenden Ausstattung in unterschiedlicher Ausführung waren wir schon in verschiedenen Palästen beglückt worden. Und wenn dann die Touristen zusammenstehen und sich beraten, sieht das so aus.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Wir gingen hinein und wurden in unseren beiden Gruppen (die größere mit Sergej, die kleinere mit Olga und uns) durch die Räume geführt. Vor der Innenansicht noch einmal etwas Geschichte des Schlosses. 1780 wurde der schottische Architekt Charles Cameron, der auch für Katharina II. in Zarskoje Selo baute, mit der Leitung der Bautätigkeiten in Pawlowsk beauftragt. Der klassizistische Entwurf wurde vom Kronprinzenpaar 1782 zur Ausführung genehmigt und im Jahre 1786 fertiggestellt. Der Blick zur Decke im Treppenhaus zeigt dies:

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Die Innenräume des Großen Palastes sind weniger als die anderen barocken, großen Zarenresidenzen auf absolute Repräsentation und Machtentfaltung angelegt. Der Palast von Pawlowsk ist im Stil des Klassizismus gehalten. Er wirkt trotz seiner Größe entsprechend bescheidener. Wobei auch das sehr relativ ist.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Im Inneren warten heute zahlreiche Kollektionen darauf, bewundert zu werden. Tausende Exponate zeugen vom immensen Reichtum der einstmals herrschenden Zaren. Im großen Saal war die Tafel gedeckt und wartete auf die Gäste. Das folgende Bild ist ein Panorama, zusammengesetzt aus 5 Hochformat Aufnahmen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Nach der Besichtigung des Schlosses hatten wir nur wenig Zeit für die Außenanlagen, bevor wir wieder zurück nach St. Petersburg fuhren. Dort hatten wir Mittagspause, fanden ein Café, wo wir im Hinterzimmer in Ruhe Kaffee und Kuchen genossen. Wer dort einmal hin will, nimmt die Straße am grünen Haus hinein und nach ca. 50 Metern rechts. Unscheinbares Café, aber leckerer Kuchen.

Wir kreuzten die Hauptstraße und gerieten an den Rand einer Demonstration. Sie demonstrierten gegen Wahlfälschung, wie uns Sergej später erläuterte. Geschätzt 60 Mitarbeiter der Omon standen am Rand der Demo. Die Omon ist eine Einheit der russischen Polizei, die im Unterschied zu normalen Polizeieinheiten direkt dem Innenministerium untersteht. Bilder gibt es davon natürlich nicht. Anschließend bestiegen wir ein Boot und fuhren auf der Newa bzw. deren Seitenkanälen entlang.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Natürlich führte uns die Bootsfahrt auch an der berühmten „Aurora“ vorbei. Am Abend des 25. Oktobers 1917 gab die Aurora mit einem Platzpatronenschuss aus der Bugkanone das Signal für den Sturm auf das Winterpalais, den Sitz der Provisorischen Regierung in Sankt Petersburg, durch die Bolschewiki. Der Sturm gilt als Beginn der russischen Oktoberrevolution. Seit 1960 steht das Schiff per Gesetz unter Denkmalschutz.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Dann fuhren wir zurück ins Hotel und hatten noch Zeit für eine private Besichtigung. Nur durch eine Straßenkreuzung vom Hotel getrennt, befindet sich direkt gegenüber das Alexander Newski Kloster. Zar Peter der Große ordnete 1712 nach seinem wichtigen Sieg über die Schweden den Bau eines Klosters an und zwar an der Stelle, die er für den Ort hielt, an dem 1240 der russische Nationalheld und Heilige der russisch-orthodoxen Kirche, Alexander Newski, schon einmal die Schweden besiegt hatte. Der Ausbau des Komplexes fand in den Jahren 1742 bis 1750 unter Trezzinis Sohn statt. Einen guten Überblick, wie der Bereich heute aussieht liefert ein Luftbild.

RUS-2016-Aerial-SPB-Alexander Nevsky Lavra Das obige Bild ist nicht von mir, sondern von Andrew Shiva, dem ich danke, sein Bild hier zeigen zu dürfen. Ich verlinke es von Wikipedia aus. Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license hier:

Wir kamen (im obigen Bild) von links durch den Eingang und wurden anstelle eines Eintrittsgeldes um eine Spende gebeten, die wir natürlich gerne gaben. Vom Eingang aus ist auch die Kuppel der Dreifaltigkeitskathedrale zu sehen, in der wir leider nicht fotografieren durften.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Als wir sie dann von innen besichtigten, zeigte ein einfacher Glockenschlag den bald beginnenden Gottesdienst an. Wir beendeten unseren Rundgang durch das Gotteshaus und bummelten in den kleinen Park nebenan. Das Glockenläuten hörte aber nicht nach wenigen Minuten auf, wie wir das von unseren Kirchen kennen, sondern nahm von Minute zu Minute mehr Fahrt auf. Das lässt sich am besten in einem kleinen Film zu Gehör bringen. Also, klick für Film ab und Lautsprecher aufdrehen.

Zurück im Hotel hatten wir aus unserem Fenster einen schönen Blick auf die Kathedrale im Sonnenuntergang. So endeten unsere Tage in St. Petersburg und morgen würden wir wieder aus Russland aus- und in die EU einreisen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA Mehr Bilder gibt es hier:


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